19. November16:06

DT64 lebt wieder: Wie ein Berliner Theater die rebellische Stimme der DDR-Wende auf die Bühne holt

Admin User
2 Min.
Zwei Personen, die auf der Bühne Musik machen, mit einem Lautsprecher unten, einer Menge links und Lichtern, die von der Decke hängen.

DT64 lebt wieder: Wie ein Berliner Theater die rebellische Stimme der DDR-Wende auf die Bühne holt

Ein neues Stück am Berliner Theater an der Parkaue blickt zurück auf die turbulenten letzten Tage von DT64, dem legendären Jugendradio der DDR. On Air On Fire verbindet reale Ereignisse mit Fiktion und lässt den aufmüpfigen Geist des Senders während des Umbruchs in den frühen 1990er-Jahren wiederaufleben. Die Produktion markiert nicht nur das 75-jährige Bestehen des Theaters, sondern gibt – ganz im Sinne von DT64 – jungen Stimmen eine Bühne.

Das Theater an der Parkaue eröffnete am 16. November 1950 als Theater der Freundschaft im Ostteil Berlins. Sieben Jahrzehnte später zeigt es nun ein dokufiktionales Stück, das die Rolle von DT64 während der Wende – der Zeit um die deutsche Wiedervereinigung – beleuchtet. Der Sender, 1964 als Jugendprogramm des Radio DDR gegründet, war für viele junge Ostdeutsche ein kultureller Lebensnerv.

Die Handlung spielt in einem provvisorischen Studio aus Pappe – ein Verweis auf die improvisierten Sendungen, die DT64 1990 aus dem Theater an der Parkaue heraus ausgestrahlt hatte. Marion Brasch, ehemalige Musikredakteurin und Moderatorin bei DT64 von 1987 bis 1992, ließ ihre eigenen Erfahrungen in das Drehbuch einfließen. Authentische Szenen zeigen etwa eine Nachrichtensprecherin, die sich weigert, den staatlich vorgegebenen Bericht über das Tiananmen-Massaker zu verlesen. In einer anderen Szene protestieren Hörer gegen die Zwangsabschaltung des Senders mit einem Schild: „Hier könnt ihr uns nicht abschalten.“

Zensur prägte den Alltag schon vor dem Mauerfall. In einer Episode läuft Rio Reisers Lied Der Traum ist aus – doch die Zeile „Unser Land ist es nicht“ (Dies ist nicht unser Land) wurde herausgeschnitten. Das Stück fängt auch die Verzweiflung einer jungen Frau ein, die klagt, die DDR-Gesellschaft sei „schrecklich freudlos“ geworden und habe die Fähigkeit zu träumen verloren.

Über die Aufführungen hinaus veranstaltet das Theater Workshops, in denen junge Menschen über Meinungsfreiheit diskutieren – ein Echo auf DT64s ursprüngliches Anliegen: Jugendlichen Raum zu geben, sich Gehör zu verschaffen. Braschs Werk bewahrt den rebellischen Geist des Senders und trägt ihn in eine neue Generation hinein.

Die Jubiläumsproduktion verbindet die Geschichte des Theaters mit DT64s Erbe aus Widerstand und Kreativität. Die Workshop-Teilnehmenden erhalten eine Stimme – genau wie einst die Hörer des Senders. Mit On Air On Fire hält das Theater die Erinnerungen an eine Zeit wach, in der Musik, Worte und Solidarität ein bröckelndes System herausforderten.